Am Samstag fand das “Günter und Brigitte Abromeit Gedächtnisturnier” im Kulturatelier der Lindenbrauerei statt. Thomas “Rumpel” Rumpf gestaltete im Jubiläumsjahr des SV Unna ein besonderes Turnier! Besonders deswegen, weil in einer den Verein prägenden Zeit Mit Günter Abromeit ein Vorsitzender zur Seite stand, der sein Herz an die Kinder und Jugendlichen verloren hatte. Er war – heute würde man sagen – 24/7 für den Schachnachwuchs da, kutschierte sie durch halb Deutschland, wenn nicht sogar halb Europa. ER begeisterte viele Kids für das immer noch spannende und aufregende königliche Spiel. Und an seiner Seite stand seine Frau Brigitte, von der noch heute Viele in seligen Erinnerungen schwelgen, wenn es um ihre weltberühmten Eischnittchen ging. Also entwarf Rumpel das Turnier und rief die Abromeit-Jünger auf zu kommen. Und sie kamen! Mittlerweile ebenfalls über Deutschland verstreut scheuten sie sich nicht, dem Ruf zu folgen. Vom ersten Abromeit-Schüler bis hin zum Letzten reisten sie aus Berlin, München , Lüchow-Danneberg und wer weiß, wo noch überall her. Bereits Freitag trafen sich einige Ehemalige zum Vereinsabend in der Lindenbrauerei. Aber davon mehr im kurzen Bericht von Rumpel und nachfolgend etwas ausführlicher von Uli Hesse:
Thomas Rumpel:
Ich war nur ein einziges Mal bei einem Klassentreffen, und auch das liegt schon fast ein Vierteljahrhundert zurück. Ein Experte für diese Art von Veranstaltungen bin ich also wahrlich nicht. Trotzdem wage ich die Behauptung, dass das erste Gedenkturnier des SV Unna für Günter und Brigitte Abromeit weit eher einem Klassentreffen ähnelte als einem sportlichen Wettkampf. Wobei, eigentlich stimmt auch das nicht. So habe ich zwar Carmen Schulz wiedergesehen, die unter ihrem Mädchennamen Wieczorek 1983 mit mir in der Jugend-NRW-Liga spielte, und konnte mich dann mit Frank Grube unterhalten, der 1986 mein Mannschaftskollege in der Bezirksliga gewesen war. Aber ich gewann auch einen Springer (und verlor trotzdem die Partie) gegen Dominik Humpert, der erst seit Juli 2021 im Verein ist, bevor ich Jochen Helmert ein glückliches Remis abluchste, der den SV Unna schon Anfang der Achtziger verlassen hat. Soll heißen: Auch viele Spielergenerationen vor und nach mir fanden am Sonntag den Weg in die Lindenbrauerei, womit aus einem Klassentreffen eher so etwas wurde wie eine Feier der Klubgeschichte.
Man sieht das vielleicht am besten daran, dass Christoph Lessmann extra zum Turnier angereist war, obwohl er gar nicht mitspielen wollte. Dies wurde mir erst bei einem Blick auf die Schlusstabelle klar. Weil wir uns zwischen zwei Runden angeregt unterhalten hatten, obwohl wir uns nie zuvor begegnet waren, ging ich davon aus, dass Christoph auch zum Teilnehmerfeld gehörte. Erst später fiel mir wieder ein, dass er in einem kleinen Text auf der Vereinshomepage schon im Januar angekündigt hatte, nur kiebitzen zu wollen, weil er seit beinahe einem halben Jahrhundert nicht mehr am Schachbrett gesessen hat. Letzteres galt allerdings, wenn auch in geringerem Maße, für so manchen Teilnehmer. So hörte ich zum Beispiel Carmen sagen, dass sie sich extra für diesen Tag eine Schach-App heruntergeladen hatte, um noch ein wenig zu üben. Auch von meinen alten Freunden Markus Thomczyk und Peter Roth wusste ich, dass sie erst vor kurzem nach sehr, sehr langer Zeit mal wieder die Figuren herausgeholt hatten. Und meine eigene letzte ernsthafte Wettkampfpartie lag mindestens dreißig Jahre zurück.
Aber es ging ja auch nicht vorrangig um den Wettkampf. Sonst wäre Jens Lütke – noch jemand, den ich seit den späten Achtzigern nicht mehr gesehen hatte –, sicher nicht hinter mir gelandet. Angeblich saß er tatsächlich zwischendurch am Brett und spielte gegen jemanden, aber meistens sah ich ihn bestens gelaunt auf der Terrasse in ein angeregtes Gespräch über den aktuellen Fußball oder die alten Schachzeiten vertieft. Alle seien doch nur zum Spaß hier, meinte er zu mir, die Ergebnisse wären unwichtig. Da musste ich ihm etwas widerstrebend gestehen, dass das zumindest auf mich nicht so ganz zutraf. Obwohl ich sehr erfreut war, viele Menschen wiederzusehen, mit denen ich einen wichtigen Abschnitt meiner Jugend verbracht habe, gab es dann doch eben einen entscheidenden Unterschied zu einem Klassentreffen: Sobald alle an den Brettern saßen und die Uhren liefen, ging es auch um Sieg, Remis oder Niederlage. Ich glaube, ich konnte mich erst richtig entspannen und den Tag genießen, als ich zwei Punkte auf dem Konto hatte und wusste, dass ich mich nicht blamieren würde.
Ja, natürlich: Es wäre überhaupt keine Blamage gewesen, nach so langer Pause gegen noch aktive Spieler zu verlieren. Aber damals wie heute gehört es eben auch zum Schach, ein gutes Ergebnis erzielen zu wollen. Manchmal mit (fast) allen Mitteln. Das wurde mir wieder bewusst, als ich nach dem besagten zweiten Punkt erleichtert ins Freie trat, um mir nun ein Bier zu genehmigen. Draußen traf ich Matthias Fischer, der vor 38 Jahren mit mir in der dritten Mannschaft gespielt hat. Was natürlich nicht heißen soll, dass wir uns sogleich erkannt hätten. Nach einem kurzen „Wer bist du denn?“-Abtausch verblüffte mich Matthias mit dem Geständnis: „Es war dir früher immer ganz wichtig, dass die Figuren ordentlich stehen. Deswegen haben wir gegen dich immer mit Absicht schlampig gezogen.“ Ich musste an meine gerade beendete Partie denken. Wenigstens zweimal hatte ich Figuren meines jungen, etwas unkonzentrierten Gegners auf ihren Feldern zurechtgerückt. Kein Wunder, dass „J’adoube“ selbst nach dreißig Jahren Auszeit noch zu meinem Sprachschatz gehört. Manche Dinge ändern sich offenbar nie, auch das wohl eine klassische Erkenntnis auf Klassentreffen.
Dass es bei den zwei Punkten nicht blieb, sondern dass ich am Ende sogar die Top-10 nur in der Buchholz-Wertung verpasste, lag übrigens zum Teil auch an Axel Steinhage, der aus München kam und damit die weiteste Anreise hatte. Vor Turnierbeginn hielt Axel nämlich eine launige Rede, in der es nicht nur um Günter und Brigitte ging, sondern auch um alte Schachbücher, in denen halbseidene Eröffnungen als Geniestreiche verkauft wurden, weshalb er viel zu lange Skandinavisch gespielt hätte. Prompt wählten im Turnierverlauf gleich zwei meiner Gegner genau diese Eröffnung. Vielen Dank noch mal, Axel.Apropos Reden. Kurz vor der Siegerehrung ergriff Dieter Wichmann das Mikrofon und sagte, dass Günter Abromeit, der uns ja in gewisser Weise an diesem Tag alle zusammengebracht hatte, nicht die einzige Vereinslegende des SV Unna sei. Es gäbe noch eine zweite, nämlich Günters Weggefährten Walter Irländer. Unter großem Applaus nahm der inzwischen 82-jährige Walter diese Dankesworte sichtlich gerührt entgegen. Man muss wohl nicht extra erwähnen, dass er zuvor ein blitzsauberes Turnier gespielt und mehr als die Hälfte der Punkte geholt hatte. Natürlich war jedes Wort von Dieter gerechtfertigt – Walter ist neben Günter eine der beiden Säulen, auf denen der heutige Verein ruht. Und ich war heilfroh, dass ich nicht gegen ihn spielen musste, schließlich weiß ich noch genau, wie er mich vor etwa vierzig Jahren bei sich zu Hause empfing, damit wir einen Partie der Stadtmeisterschaft nachholen konnten. Walter war die Liebenswürdigkeit in Person und ein aufmerksamer Gastgeber. Nebenbei fegte er mich vom Brett.
Trotzdem muss ich Dieter Wichmann widersprechen. Es war sehr passend, dass das Turnier von Günter Abromeits letztem Schachschüler gewonnen wurde, Lando Korten. Noch passender finde ich, dass Christian Weidemann knapp dahinter landete, denn bei ihm handelt es sich um den ersten Schachschüler von Thomas Rumpf. Und ohne Rumpel hätte es dieses Gedenkturnier niemals gegeben. Er hatte die Idee, er suchte in mühsamer Arbeit die Ehemaligen zusammen, er plante den Ablauf und organisierte die Durchführung. Und wer sich wundert, warum Rumpel nicht mehr Punkte holte als ich, dem sei gesagt, dass er am Sonntag so viel zu tun hatte, dass er allein fünfmal ein schnelles Remis machte, um wieder an die Arbeit gehen zu können. Was ich damit sagen will: Thomas ist schon jetzt die dritte Legende des SV Unna. Und wir werden sicher alle wieder kommen, wenn er im Herbst 2025 zum zweiten Gedenkturnier für Günter und Brigitte ruft.
Die Turnier Fortschrittstabelle nach der letzten Runde:
5 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Auch ich möchte mich noch ganz herzlich bei allen bedanken, die den letzten Samstag zu so einem schönen Tag gemacht haben. Obwohl super vorbereitet durch Rumpel und die anderen, war ich auch wieder erstaunt, wie selbstorganisiert alles gelaufen ist! Jeder hat immer sein richtiges Brett, die richtigen Worte, die richtigen Würstchen und den richtigen Kasten Bier auf der Terasse gefunden! Und wenn jemand nochmal über “Problemen zwischen den Generationen” erzählt, werde ich mit diesem Tag, diesem Verein und diesem Sport dagegen halten! Trotz 30 Jahren Pause habe ich mich direkt beim Hereinkommen wieder zuhause gefühlt! Ich bin auf jeden Fall nächstes Jahr bei der zweiten Auflage des Gedenkturniers dabei! Vielleicht diesmal mit Namensschildchen?! 🙂
Liebe Schachfreunde vom Schachverein Unna,
ich möchte mich herzlich für das wunderbare Schach-Gedächtnisturnier bedanken. Die Organisation und das gesamte Arrangement waren hervorragend und haben das Turnier zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht. Besonders hervorheben möchte ich den großartigen Einsatz von Thomas Rumpf, dessen Engagement und Leidenschaft entscheidend zum Erfolg der Veranstaltung beigetragen haben. Seine sorgfältige Planung und sein persönlicher Einsatz haben das Turnier in jeder Hinsicht bereichert und eine angenehme Atmosphäre geschaffen. Es war eine Freude, an diesem besonderen Event teilzunehmen.
Schachfreund
Michael Abromeit
Auch von mir ein herzliches Dankeschön für die Einladung und die wunderbare Gelegenheit in den ‘alten Hallen’ der Lindenbrauerei einen ganz wesentlichen Teil meiner Jugendzeit wieder erleben zu dürfen.
Danke an Rumpel für ‘das Zusammensuchen’ der ehemaligen.
Auch wenn ich jetzt seit Jahren nicht mehr aktiv bin, habe ich an diesem Nachmittag den Geist aus vergangenen Tagen sofort wieder erleben dürfen und mit etwas fortgeschrittenerem Alter habe ich das gemeinsame Spiel miteinander von jung und alt nochmal ganz besonders aus der jetzt anderen Perspektive des Älteren sehen dürfen.
Das Zusammensein, das Wiedersehen hat sehr viel Spaß gemacht, ich freue mich auf die Wiederholung zum 101ten Geburtstag.
Ein herzliches Hallo in die Runde!
Ein super Wochenende habe ich, haben wir wohl verbracht!
Die erste Jugendmannschaft (70er Jahre), Brett 1 bis 5, hatte sich am Freitag zum Essen im Foyer verabredet. Der Austausch war so langwierig, dass der Turnieraufbau schon beendet war, als wir erst gegen 21 Uhr im Atelier eintrafen. Thomas hatte Verständnis, es waren glaube ich genug da. Wir haben ein bisschen geblitzt und weiter viel gesprochen.
Dieter Wichmann hatte mich beredet und am nächsten Morgen wäre ich fast noch in die Teilnehmerrunde gerutscht. Aber eigentlich war mir das “Kiebitzen” viel lieber. Michael Abromeit habe ich seit über 45 Jahren wiedergetroffen, das war genial. Die alte Mannschaft sowieso – als ob wir uns nur kurz aus den Augen verloren hätten.
Hergen treffe ich alle fünf Jahre beim Abitreffen. Er erzählte mir beim letzten, dass er wieder “etwas” spielen würde. Aber dann auch mit Theorie, Training, also Anstrengung im Vorfeld. Und das war ja früher schon nicht so meins – warum soll ich lügen. Dafür habe ich mich aber nach Thomas Einladung bei chess.com angemeldet und bin ein Fan von “Gunny’s Chessalyze” geworden. Die Bücher mit den dutzenden von Nebenvarianten sind mir heute noch eher ein Graus. Mir reicht dieses lockere Näherbringen von Eröffnungen, Endspielen… online. Doch die Krönung ist das reale Spiel mit dem Gegner – das hat mir das Turnier wieder gezeigt – und das beste, wenn der Gegner ein Freund oder wenigstens Dir sympathisch ist. Uli, vom ersten Satz an (die Chemie passte) und Frank Grube, der einen tollen Beruf ausübt, den Lando gecoacht hat und mir mit seinen sehr vielen Schachbüchern (ich verrate keine konkreten Zahlen) höchsten Respekt abgenötigt hat :-). Alexandr Barskij mit seinem Engagement für die Jugend und natürlich Thomas Rumpf(!), den ich ja schon vorher kannte. Walter Irländer, zeitlos freundlich und unbesiegbar!
Ich danke euch allen für diesen schönen Tag. Falls ich beim nächsten Turnier mitspielen sollte, will ich vorher bei Uli oder Frank Einzelunterricht. Oder doch bei Hergen auf Teneriffa oder bei Jochen. Bei ihm müsste ich ordentlich Zeit mitbringen. Ihr seid tofte Menschen! Zwei Vornamen habe ich leider vergessen … ach, ihr wart doch alle in Ordnung!
Ein sportlicher Gruß vom
(wie Michael) Schachfreund Christoph
“der Lando”, nicht “den Lando” 🙂